Die Klägerin war beim Beklagten als Serviceangestellte tätig. Am 20. Juli 1998 trat sie für eine Operation ins Kantonsspital ein. Sie war von diesem Tag bis zum 21. September 1998 vollständig und anschliessend bis zum 11. Oktober 1998 zu 50 % arbeitsunfähig. Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis am 21. September 1998 mit einem auf den 20. Juli 1998 rückdatierten Schreiben auf den 20. September 1998 und ein weiteres Mal am 30. November 1998 auf den 31. Januar 1999.
Aus den Erwägungen:
Die während der Sperrfrist von Art. 336c Abs. 1 lit. b OR ausgesprochene Kündigung vom 20. Juli/21. September 1998 war nichtig (Art. 336c Abs. 2 OR). Bei nichtiger Kündigung bestehen die bisherigen vertraglichen Rechte und Pflichten der Parteien unverändert fort. Der Arbeitnehmer ist nach wiedererlangter (teilweiser) Arbeitsfähigkeit zur Arbeitsleistung und der Arbeitgeber zur Entrichtung des Lohnes verpflichtet. Kommt der Arbeitnehmer seiner Arbeitspflicht nicht nach und liegen keine anerkannten Verhinderungsgründe vor, so gerät er wegen Nichterfüllung des Vertrages in Verzug (Art. 102 ff. OR). Der Arbeitgeber kann in diesem Fall für die Dauer der fehlenden Arbeitsleistung den Lohn verweigern (Art. 82 OR). Ebenso gelten die Regeln über den Annahmeverzug des Arbeitgebers. Kann die Arbeit infolge Verschuldens des Arbeitgebers nicht geleistet werden kommt er aus anderen Gründen mit der Annahme der Arbeitsleistung in Verzug, so bleibt er zur Entrichtung des Lohnes verpflichtet, ohne dass die Arbeitnehmerin zur Nachleistung verpflichtet ist (Art. 324 Abs. 1 OR). Arbeitgeberverzug liegt erst vor, wenn der Arbeitnehmer von sich aus die Arbeit eindeutig angeboten hat, nicht schon, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht zur Weiterführung der Arbeit auffordert (BGE 115 V 437 ff.).
Der Beklagte behauptet, die Klägerin habe nach dem 20. September 1998 ihre Arbeitskraft nie angeboten. Die Klägerin bestreitet dies. Sie hat nach dem allgemeinen Grundsatz von Art. 8 ZGB die richtige Vertragserfüllung und damit das rechtzeitige Anbieten ihrer Arbeitskraft zu beweisen (Kummer, Berner Komm., N 266 zu Art. 8 ZGB). Ihr Schreiben vom 12. Oktober 1998 an die Arbeitslosenkasse, sie sei mit der Kündigung nicht einverstanden, genügte dazu nicht, da es nicht an den Beklagten gerichtet war und zudem kein eindeutiges Arbeitsangebot enthielt. Auch ihrer Aussage in der Parteibefragung kann nicht entnommen werden, dass sie dem Beklagten anbot, weiter zu arbeiten. Das erste belegte Arbeitsangebot liegt im Schreiben ihres Anwalts vom 1. Dezember 1998. Der Beklagte anerkannte immerhin in seiner Klageantwort, dass die Klägerin ihre Arbeitskraft erstmals am 30. November 1998 angeboten habe. Seine (ohne Grundangabe erfolgte) weitergehende Bestreitung eines Arbeitsangebots im Appellationsverfahren verstösst gegen Treu und Glauben und ist deshalb nicht zu hören (§ 57 ZPO). Unbestritten ging der Beklagte nicht auf das Arbeitsangebot der Klägerin ein, da er den Arbeitsvertrag als aufgelöst betrachtete. Er geriet damit in Annahmeverzug und kann wegen Arbeitnehmerverzugs nur für die Zeit vom 21. September bis 29. November 1998 (Dauer der fehlenden Arbeitsleistung) den Lohn nach Art. 82 OR verweigern.
I. Kammer, 12. November 2001 (11 00 171)
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
Hier geht es zurück zur Suchmaschine.